„Legacy Devices“ – Übergangsregeln für Bestandsprodukte unter der MDR
Was sind Legacy Devices?
Als “Legacy Devices” (auch „Bestandsprodukte“ genannt) werden Medizinprodukte bezeichnet, die bereits unter den vormals gültigen Richtlinien 93/42/EEC (MDD) bzw. 90/385/EEC (AIMDD) eine CE-Kennzeichnung besaßen. Für diese Produkte ist, unter bestimmten Bedingungen (Übergangszeit), ein weiteres Inverkehrbringen (erstmaliges Bereitstellen auf dem EU-Markt) bis zum 26.05.2024, sowie eine Bereitstellung/Inbetriebnahme bis 27.05.2025 möglich. Danach müssen auch „Legacy Devices“ eine CE-Kennzeichnung nach den Bedingungen der MDR (Medical Device Regulation, EU 2017/745) vorweisen.
Diese Sonderregelung für Bestandsprodukte ist in Artikel 120 Absatz 3 der MDR beschrieben und gilt für
- Klasse I Produkte (mit MDD-Konformitätserklärung von vor dem 26.05.2021), die unter der MDR ein Konformitätsverfahren in Zusammenarbeit mit einer Benannten Stelle durchlaufen müssen,
- oder für Medizinprodukte mit einem gültigen MDD/AIMDD CE-Zertifikat (ausgestellt durch eine Benannte Stelle (vor dem 26.05.2021))
unter der Voraussetzung, dass
- keine wesentlichen Änderungen der Auslegung und Zweckbestimmung des Produktes vorgenommen werden,
- die Anforderungen der MDR hinsichtlich der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS), Marktüberwachung, Vigilanz und der Registrierung von Wirtschaftsakteuren und Produkten erfüllt werden (s.u.).
Zahlreiche zu erfüllende MDR-Anforderungen betreffen die EUDAMED-Datenbank, die zur Zeit noch nicht funktionsfähig ist. Daher erfolgen z.B. Meldungen von Vorkommnissen weiterhin auf gewohntem Weg an die zuständigen Behörden (z.B. MIR-Formular des BfArM). Bis zur vollständigen Funktionsfähigkeit von EUDAMED gelten weiterhin die entsprechenden Bestimmungen zum Informationsaustausch (z.B. Vigilanz, Registrierung von Produkten und Wirtschaftsakteuren) der MDD bzw. AIMDD, anstatt der entsprechenden MDR-Anforderungen bezüglich des Datentransfers in EUDAMED (Art. 123).
Die Anforderungen der MDR im Bezug zur EUDAMED-Datenbank (z.B. Bereitstellung von PMS- und Vigilanzinformationen, Registrierung von Produkten und Wirtschaftsakteuren) müssen jedoch größtenteils 6 Monate nach Bekanntmachung der Funktionsfähigkeit erfüllt werden (Eingabe der Produktdaten in EUDAMED 18 Monate nach Funktionsfähigkeit).
Für MDR-Anforderungen in Abhängigkeit der Risikoklasse des Medizinproduktes, gilt für Bestandsprodukte die Risikoklasse der MDD bzw. die Klasse III für Produkte mit AIMDD-Zertifikat (MDCG 2021-25).
Die aus unserer Sicht wichtigsten, umzusetzenden Anforderungen sind:
Anforderungen bezüglich Post Market Surveillance (PMS)
- PMS-System mit PMS Plan für jedes Produkt (Art. 83, 84)
- Regelmäßige Erstellung von PMS-Berichten (Art. 85, 86)
- Für Klasse I Produkte (nach MDD) wird ein PMS-Report nach Artikel 85 erstellt.
- Für Produkte der Klassen IIa, IIb und III werden PSURs nach Artikel 86 erstellt (erster PSUR musste im Mai 2022 erstellt werden (MDCG 2022-4)).
Anforderungen bezüglich der Vigilanz
-
- Meldung schwerwiegender Vorkommnisse (außer erwarteten, dokumentierten Nebenwirkungen) und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld an die relevanten Behörden (Art. 87)
- die Meldung erfolgt innerhalb von 15 Tagen, bei schwerwiegenden Gefahren für die öffentliche Gesundheit innerhalb von 2 Tagen, nach Kenntnis des Vorkommnisses
- Nach Auftreten schwerwiegender Vorkommnisse und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld müssen diese in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und ggf. Benannten Stellen analysiert werden (u.a. Risikobewertung).
Ein Abschlussbericht wird der zuständigen Behörde via EUDAMED (wenn funktional)) übermittelt. Eventuelle Sicherheitsanweisungen im Feld werden durch den Hersteller, ebenfalls via EUDAMED (wenn funktional), zugänglich gemacht. (Art. 89)
- Meldung von Trends (statistisch signifikanter Anstieg) bezüglich Häufigkeit und Schweregrad nicht-schwerwiegender Vorkommnisse oder erwarteter unerwünschter Nebenwirkungen in EUDAMED (wenn funktional). Die Methodik zur Trend-Erfassung muss im PMS-Plan festgelegt werden. (Art. 88)
- Meldung schwerwiegender Vorkommnisse (außer erwarteten, dokumentierten Nebenwirkungen) und Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld an die relevanten Behörden (Art. 87)
Anforderungen zur Registrierung von Wirtschaftsakteuren und Produkten
- Registrierung des Produktes sowie des Herstellers und der Wirtschaftsakteure in EUDAMED (Art. 29, 31). Das Registrierungsmodul für Hersteller ist bereits funktional und kann genutzt werden.
Auch wenn die Übergangsregeln eine kurze Atempause für Hersteller von Bestandsprodukten ermöglichen, sollten diese sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Nach aktuellen Erfahrungen kann für die Zertifizierung nach MDR bei einer Benannten Stelle ein Zeitrahmen von eineinhalb Jahren veranschlagt werden.
Das bedeutet: Reichen Sie jetzt Ihre Technische Dokumentation bei Ihrer Benannten Stelle ein!
Gerne unterstützen wir Sie auch dabei, ihre Technische Dokumentation für die MDR-Anforderungen zu aktualisieren. Erfahrungsgemäß ist z.B. die klinische Bewertung zu überarbeiten, auch biologische Bewertungen fehlen oftmals ganz. Kontaktieren Sie uns gerne!
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